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„Hier regnet es …“ (Shanghai Februar 1973)
Das Reich der Mitte ist spätestens seit den Reisen Marco Polos ein bekanntes Mysterium. Über kaum ein Land wird hier in Mitteleuropa so viel geschrieben, geforscht, geträumt wie über China. Nur wenig davon trägt zum besseren Verständnis des Landes, seiner Geschichte und seiner Bevölkerung bei.
Jeder Besucher des Landes stellt fest: China ist anders, als man es erwartet. Der Schreiber dieser Postkarte hat das Land besucht und beschert uns ein China-typisches Mischmasch von Widersprüchen: Auf der einen Seite einen Dreierstreifen aus der 1971 erschienenen Serie „50 Jahre Kommunistische Partei Chinas“, der in typischen „sozialistischen Realismus“ der Kulturrevolution einen Marsch von Arbeitern und Bauern zeigt, die Maos rotes Büchlein mit sich führen. Auf der anderen Seite zwei Marken aus der
Serie zur Fertigstellung des Bewässerungskanals „Rote Fahne“, die im Stil klassischer chinesischer Landschaftsmalerei gehalten sind. Auf der einen Seite Propaganda für eine Politik, die alle „alte Kultur“ zerstören will, auf der anderen Seite genau diese alte Kultur.
1973 ist die „Terrorphase“ der Kulturrevolution schon vorbei, und Nixons „Ping-Pong-Diplomatie“ öffnete das Land ein wenig. Die Kulturrevolution ist dagegen aber nicht vorüber. Das in einer solchen Situation ein westlicher Besucher seiner Familie eine eher belanglose Nachricht schreibt ist nachvollziehbar: „Ihr Lieben, bin gut in Shanghai angekommen, warte auf den Weiterflug. Hier regnet es. Viele liebe Grüße, Euer Vati“. Und das ist letztlich beruhigend: Auch in China regnet es. Es ist noch nicht alles anders.
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